Ein Routinier will nicht mehr

"Ich lasse mir nicht vorwerfen, für das Nationalteam nicht alles zu geben."
Martin Stranzl hat am Mittwochabend nach seiner Nichtnominierung für das freundschaftliche Länderspiel gegen Spanien seinen Rücktritt aus dem ÖFB-Team bekanntgegeben.

"Ich bin zu dem Entschluss gekommen, meine Karriere in der österreichischen Nationalmannschaft zu beenden", erklärte der 29-jährige Verteidiger, der von 2000 bis 2009 insgesamt 56-mal für das Team spielte und dabei drei Tore erzielte, in einer schriftlichen Stellungnahme.

"Gibt nichts mehr zu tun"
"Aus meiner Sicht gibt es für mich vom Sportlichen her in der Nationalmannschaft nichts mehr oder nur wenig zu tun. Der Teamchef hat seine Entscheidungen und Planungen, und daraufhin muss man seine eigenen Entscheidungen treffen", sagte Stranzl im ORF-Kurzsport.

"Ich habe immer mit Stolz und großer Leidenschaft für die Nationalmannschaft gespielt und möchte mich auf diesem Wege bei den Fans für die langjährige Unterstützung bedanken", so der Burgenländer, für den der Rücktritt endgültig ist. "Daran kann auch ein anderer Teamchef nichts ändern."

Teamchef "akzeptiert" Rücktritt
Teamchef Dietmar Constantini sagte im Teamcamp in Bad Tatzmannsdorf in einer ersten Reaktion: "Ich respektiere die Entscheidung von Martin Stranzl und akzeptiere seinen Rücktritt. Selbstverständlich wünsche ich ihm in seiner weiteren sportlichen Laufbahn viel Erfolg."

Nach Alexander Manninger, der Anfang August seinen Abschied erklärt hatte, ist Stranzl in der Ära Constantini bereits der zweite arrivierte ÖFB-Spieler, der in Zukunft nicht mehr zur Verfügung steht.

Kritik an Constantini
Zuletzt hatte der Legionär vor wenigen Tagen mit einer heftigen Kritik an Constantini aufhorchen lassen und sein Unverständnis über dessen Personalpolitik geäußert.

"Eigentlich hat es geheißen, dass er nur Spieler holt, die auch bei ihrem Verein zum Einsatz kommen. Jetzt aber sind auch solche dabei, die überhaupt nicht spielen", wunderte sich der Russland-Legionär, der mit Spartak Moskau in der Liga derzeit auf Rang zwei liegt.

Öffentliche Schelte als Auslöser
"Auch wenn es mir schwerfällt, irgendwann ist das Fass voll", meinte Stranzl nun nach seinem Abgang von der ÖFB-Bühne. "Ich lasse mir nicht vorwerfen, für das Nationalteam nicht alles zu geben", so Stranzl in Richtung Constantini.

Bezug nahm Stranzl dabei vor allem auf die öffentliche Schelte des Teamchefs nach seiner Absage für das Match gegen Kamerun im August, die ihm nach wie vor im Magen liegt. "Dabei war das mit ihm so abgesprochen", stellte Stranzl klar.

Zur Kritik an Constantini, dem er unter anderem vorgeworfen hatte, nur bei ihm und Andreas Ivanschitz eine Linie zu haben, steht Stranzl nach wie vor. "Das waren einfach nur Fakten, die ich angesprochen habe."

Entscheidung mit Wehmut
Stranzl berichtete, dass er sich seinen Rücktritt in den vergangenen Tagen gut überlegt habe. "Ich habe noch einmal Revue passieren lassen, wie zuletzt alles gelaufen ist, und habe nach Rücksprache mit der Familie und dem Manager diese Entscheidung getroffen", meinte Stranzl.

Für den Teilnehmer an der Heim-EM 2008 bringt die Entscheidung auch Wehmut mit sich. "Für mich ist es schwierig, weil ich immer sehr gern im Team gespielt habe. Aber vielleicht ist es so für alle Beteiligten einfacher. Ich wünsche der Mannschaft alles Gute."

Bei Amtsantritt aussortiert
Stranzl wurde im ersten Constantini-Match am 1. April wegen mangelnder Spielpraxis aussortiert. Beim 0:1 im Juni in Serbien war er wieder mit von der Partie, dann sagte er für das August-Match gegen Kamerun wegen einer Blessur ab und wurde dafür von Constantini öffentlich gescholten.

Die September- und Oktober-Spiele in der WM-Qualifikation versäumte Stranzl wegen einer Knieverletzung.

Kurzporträt Martin Stranzl

  • Geboren: 16. Juni 1980 in Güssing
  • Größe: 1,90 m
  • Gewicht: 81 kg
  • Familienstand: verheiratet mit Elke, Sohn Elias

  • Vereine: SV Güssing, TSV 1860 München (Februar 1997 - Juni 2004), VfB Stuttgart (Juli 2004 - März 2006), Spartak Moskau (seit März 2006, Vertrag bis Ende 2011)

  • Nationalteam: 56 Länderspiele, drei Tore, Debüt am 29. März 2000 in Graz beim 1:1 gegen Schweden, letztes Spiel am 6. Juni 2009 beim 0:1 gegen Serbien

  • Größte Erfolge: 2006 und 2007 russischer Vizemeister mit Spartak Moskau

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