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| ©Bild: APA/EPA/DPA/Achim Scheidemann |
"Wird deutschen Fußball verändern"
"Ich denke, dass sein Tod den deutschen Fußball verändern wird. Nach dieser Tragödie müssen wir alle im Fußball nachdenken, wie wir bestehende Tabus brechen", so Zwanziger.
"Wir haben durch die bewegenden Aussagen von Robert Enkes Frau Teresa gehört, wie er seine Krankheit verborgen hat. Außerhalb eines ganz engen Kreises, also seiner Frau, seines Beraters und seines Arztes, sollte keiner von den Depressionen erfahren. Weshalb hatte er eine solche Angst vor der Öffentlichkeit?", fragte der DFB-Boss.
"Weil er fürchtete, dass sonst seine Karriere im Fußball, den er so liebte, vorbei sei. Unter einem ähnlichen Druck stehen beispielsweise auch homosexuelle Fußballer."
"Ohne Angst mit Schwächen und Neigungen"
"Wir müssen über viele Ansätze reden. Ein Gremium mit absolut vetrauenswürdigen Personen könnte dazugehören. Wichtiger ist, dass das oftmals lächerlich martialische Denken aufhört nach dem Motto: Ich darf keine Schwäche zeigen, ich muss der Stärkste sein", so Zwanziger.
Der 64-Jährige fordert vielmehr, dass der deutsche Fußball "künftig vom Gegenteil beeinflusst wird. Wenn wir Robert Enke gerecht werden wollen, müssen wir dazu kommen, dass im Fußball jeder ohne Angst leben kann. Mit seinen Stärken, Schwächen und Neigungen."
Nur noch Menschenwürde als Tabu
"Es darf nur noch ein Tabu geben. Und das ist die Würde des Menschen. Natürlich hat die Gemeinschaft das Recht, für den sportlichen Wettbewerb gerechte Regeln zu entwerfen. Ausgrenzung, Diffamierung und falsch verstandenes Heldentum sind unwürdig und gehören deshalb nicht dazu", so der DFB-Vorsitzende.
Präsident von St. Pauli äußert Zweifel
Corny Littmann, der Vereinspräsident des FC St. Pauli, glaubt jedoch trotz aller Aufrufe des Verbandschefs nicht, dass durch den Enke-Tod mit Tabuthemen im Profifußball gebrochen wird.
"In den Vereinen und auch unter Journalisten ist zwar die Bereitschaft da, sehr sorgfältig mit diesen Themen umzugehen. Aber es bleibt die nicht kalkulierbare Situation in einem Mannschaftsumfeld, es bleiben die nicht kalkulierbaren Reaktionen der gegnerischen Fans."
Littmann, der mit seiner Homosexualität nie hinterm Berg gehalten hat, kann verstehen, dass sich schwule Fußballer nicht outen wollen. Die Gefahr, dass sie stigmatisiert werden, sei hoch. "Wenn es plötzlich einer tut, wird ihm ewig anhängen, der erste schwule Fußballer der Bundesliga gewesen zu sein. Ob ein junger Mensch mit diesem Prädikat wohl rumlaufen möchte?", fragte der 56 Jahre alte Theaterintendant.
"Problembeladener Spieler wird beäugt"
Beim FC St. Pauli gehört Anderssein hingegen längst zur Vereinskultur. "Ein schwuler Spieler beim FC St. Pauli hätte nicht die geringsten Probleme, auch nicht mit den Fans. Aber er hat schließlich nur einen zeitlich begrenzten Vertrag mit dem FC St. Pauli. Was passiert danach?", fragte Littmann.
Ob dieser homosexuelle Profi jemals zu einem anderen Verein wechseln könnte, stehe in den Sternen. "Ein Spieler, der problembeladen ist, wird sorgfältig beäugt und im Zweifel nicht verpflichtet", so Littmann. "Das ist eben ein sehr hohes Risiko für schwule Spieler. Die Befürchtungen, dass ihnen aus ihren Bekenntnissen Nachteile erwachsen könnten, sind berechtigt."
"Hängt mit Berufsbildern zusammen"
Obwohl die Gesellschaft heute offener auf homosexuelle Menschen reagiere und selbstverständlicher mit ihnen umgehe, sieht Littmann Grenzen. "Das hängt mit Berufsbildern zusammen", meint der Vereinspräsident.
"Schwule Politiker haben im Gegensatz zu Fußballprofis ein gefestigtes Umfeld. Sie sind ungleich stärker in ihren Parteien verankert, als das ein Sportler für eine begrenzte Vertragszeit in einem Verein sein kann. Parteizugehörigkeit ist dauerhaft, meistens jedenfalls." Was beim Politiker zur respektierten Selbstverständlichkeit geworden ist, kann beim Leistungssportler zum Spießrutenlauf ausarten.
Leistungssportlern, die unter Depressionen leiden, die spielsüchtig, alkoholabhängig sind oder mit anderen Krankheiten und Problemen kämpfen, sollten sich laut Littmann Vertrauten im Verein öffnen. "Es muss ja nicht öffentlich werden. Ihre Leiden können im Verein besprochen werden, um Hilfe zu organisieren." Littmann lobte ausdrücklich den FC Bayern, der mit Sebastian Deisler behutsam und verantwortungsbewusst umgegangen sei.
Ergreifende Traueranzeige der Witwe
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| ©Bild: Reuters/Christian Charisius |
"Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht", stand in der Anzeige, die in den beiden Ortszeitungen "Hannoversche Allgemeine Zeitung" und "Neue Presse" am Freitag erschien. Unter dem Spruch des früheren Staatspräsidenten stand: "In ewiger Liebe - Teresa, Leila und Dein kleiner Engel".
Der Engel - damit ist die gemeinsame Tochter Lara gemeint. Sie starb 2006 im Alter von nur zwei Jahren. Leila ist die Tochter, die die Enkes erst im Mai dieses Jahres adoptiert hatten.
Links:
- Robert Enke (zurzeit nicht verfügbar)
- DFB

