Zahlreiche Schwerverletzte

Schild: "Man darf nicht eine Sekunde daran denken, dass man sich verletzen könnte."
Der Skirennsport hat wieder neue Opfer gefordert. Gleich das erste Speed-Wochenende der Olympiasaison brachte mit dem US-Amerikaner Thomas Lanning (Nackenwirbel gebrochen und schwere Knieluxation) und dem kanadischen Abfahrtsweltmeister John Kucera (Schien- und Wadenbeinbruch) zwei schwer verletzte Herren.

Karbon am Knie verletzt
Auch Riesentorlauf-Spezialistin Denise Karbon zog sich eine schwere Verletzung am linken Knie zu. Die 29-jährige Südtirolerin erlitt im RTL von Aspen einen Meniskusschaden, fuhr das Rennen aber zu Ende und belegte immerhin Platz neun. Sollte Karbon operiert werden müssen, droht auch ihr ein längeres Aus in der Olympiasaison.

Wie schwer es die Österreicherin Alexandra Daum in Aspen am Knie erwischte, wird sich erst in der Heimat zeigen.

Das Quartett verletzte sich just an dem Wochenende, an dem mit Hans Grugger, Andreas Buder und Mario Scheiber ein langzeitverletztes ÖSV-Trio ein verletzungsfreies Speed-Comeback feierte. Der Hochrisikosport wurde damit wieder seinem Ruf gerecht.

Beachtliche Verletztenliste
Die Liste verletzter Skirennfahrer ist schon knapp nach Beginn der Olympiasaison 2009/10 beachtlich lang. Im Spätsommer nach dem schweren Kitzbühel-Unfall von Daniel Albrecht rieb sich die halbe Schweizer Mannschaft auf, Ende September erwischte es auch noch Jungstar Lara Gut. Die 18-Jährige wird wegen ihrer Hüftluxation noch länger pausieren müssen.

Bereits im August hatte sich der italienische Abfahrer Peter Fill in Argentinien so schwer verletzt, dass der WM-Zweite die Olympiasaison versäumen wird.

Sandell erwischte es am schwersten
Den heftigsten Unfall im Herbsttraining erlitt der finnische Slalomfahrer Marcus Sandell, dem nach einem wilden Sturz im Pitztal die Niere entfernt werden musste. Vor dem Saisonauftakt in Sölden hatte sich der Norweger Aksel Lund Svindal, der schon vor zwei Jahren in Beaver Creek knapp dem Tod entronnen war, eine hartnäckige Sehnenverletzung im Bein zugezogen.

Gleich beim ersten Riesentorlauf des Jahres kam für Österreichs Hoffnung Nicole Hosp wegen eines Kreuzbandrisses das Saisonende.

Ähnliches passierte der US-Amerikanerin Resi Stiegler. Gerade von einer langen Verletzungspause zurückgekehrt, zog sich die Tochter des österreichischen Olympiasiegers Pepi Stiegler kürzlich beim Training in den USA einen Schien- und Wadenbeinbruch zu.

Die Angst kann man nicht ausschalten
An keinem Skifahrer geht so etwas spurlos vorbei. "Ausschalten kannst du die Angst oder Gedanken an Verletzungen nicht. Man muss sich damit konfrontieren und es verarbeiten", meinte Kathrin Zettel, die selbst wegen ihrer Kniesehnenbeschwerden das halbe Sommertraining verpasst hatte.

Eine ähnliches Problem hatte die Karriere ihres Göstlinger Landsmanns Thomas Sykora beendet, Zettel verzichtete aber auf eine Operation und kuriert die Verletzung konservativ aus.

Auch Zettels Teamkollegin Marlies Schild ist von ihrem Sport gezeichnet. Mit 20 hatte die Salzburgerin schon kaputte Knie, aber vor einem Jahr erwischte es Schild beim Training in Sölden mit einem komplizierten Schien- und Wadenbeinbruch wirklich schwer. "Man darf am Start nicht eine Sekunde daran denken, dass man sich verletzen könnte", so Schild.

Mehr Verletzungen wegen breiterer Ski?
Benjamin Raich ist der vielleicht einzige Topfahrer, der durch sein kluges Herangehen bisher schwerere Verletzungen vermieden hat. Auf der Suche nach den wohl zahlreichen Gründen für die vielen Verletzungen sind sich Raich und Schild einig, dass die breiteren Rennski, mit denen die FIS eigentlich für mehr Sicherheit sorgen wollte, ihren Teil dazu beitragen.

Die FIS hatte vor zwei Jahren die Standhöhen erniedrigt und die Ski verbreitert, die Fahrer hatten diese Maßnahme aber von Beginn an für unnötig und sogar gefährlich gehalten. Trauriger Höhepunkt war der März 2008, als der Österreicher Matthias Lanzinger beim Highspeed-Super-G in Norwegen mit dem neuen Material bei Höchsttempo verschnitt und so schwer stürzte, dass er - auch wegen ungenügender Rettungsmaßnahmen - danach ein Bein verlor.

Ski sind "aggressiver und gefährlicher"
"Ich verstehe nicht, warum sie nicht kapieren wollen, dass diese Ski aggressiver und gefährlicher sind", hatte Raich erst vor den Rennen in Lake Louise wieder kritisiert. Auch sie sei mit den Skiern von vor drei Jahren viel glücklicher gewesen, meinte Schild. "Mir kommt auch vor, dass die Zahl der Unterschenkelbrüche seitdem größer geworden ist."

Dass hier bewusst mit der Gesundheit der Athleten gespielt werde, wollte aber Schild nicht sagen: "Die Absicht der Verbreiterung war ja eine gute, man wollte den Sport damit ja sicherer machen." Auswege gebe es nicht wirklich. "Jeder entscheidet für sich selbst, wie er damit umgeht, und versucht, das Beste aus der Situation zu machen."

Albrecht bereitet Comeback vor
Ein treffendes Beispiel dafür, wie wenig zimperlich die Alpinski-Asse sind, ist nicht nur Schild selbst. Auch Albrecht ist trotz seines dreiwöchigen Komas schon wieder so stark, dass man jederzeit mit einem Comeback des jungen Schweizers rechnen kann.

Auch die junge Französin Anne-Sophie Barthet steht beispielhaft dafür, wie unzimperlich die Skisportler sind und mit wie viel Humor sie auf Verletzungen reagieren. Die 21-Jährige wurde im Aspen-Slalom mit Startnummer 58 Achte.

Im Ziel jener Piste, auf der sie sich vor zwei Jahren in der Abfahrt schwer verletzt hatte, tanzte Barthet zum Jubel der Zuschauer die Choreographie zu Hannah Montana, mit der die französischen Läuferinnen auf das humorvolle YouTube-"Michael Jackson Tribute" der Norweger rund um Svindal reagiert hatten. "Ich hatte nur zwei Möglichkeiten: ewig eine Wut auf Aspen zu haben oder einfach etwas Positives daraus zu machen", erklärte Supertalent Barthet.

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