Wenn Lazio und AS Roma am Sonntag aufeinandertreffen, dann steht der neue Leader der italienischen Spitzenliga beim Erzrivalen auf dem Prüfstand. Die Römer geraten dabei ebenso aus dem Häuschen wie die Mailänder, wenn Inter und AC Milan um die Vorherrschaft in der Stadt kämpfen.
Eine Region im Ausnahmezustand
ORF.at war am Sonntag mit dabei, als das "Derby della Lanterna" (das Derby im Zeichen des Leuchtturms nach dem Wahrzeichen der Hafenstadt, Anm.) zeigte, dass es eine weitere Partie gibt, bei der sich eine ganze Region im Ausnahmezustand befindet.
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©Bild: APA/EPA/ANSA/Luca Zennaro |
Ambiente sucht seinesgleichen
Schon bei der Abfahrt von der Autobahn wird man von den äußeren Eindrücken in Trance versetzt. Eine Stadt, die ein Ambiente mit Meeresblick auf der einen und Bergpanorama auf der anderen Seite bietet, bedeutet für österreichische Augen einen echten Feiertag.
Doch schon bald wird klar, dass die Bewohner im Stadtteil Marassi keinen Blick für ihr Dolce Vita haben. An diesem Abend zählen nur die 90 Minuten im Stadio Luigi Ferraris.
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Traditionsverein gegen Eindringlinge
Der Genoa Cricket and Football Club, der älteste Fußballverein Italiens, ist dabei zu Gast beim aufmüpfigen Fusionsprodukt Sampdoria.
Die Rivalität der beiden Erzfeinde wird noch dadurch potenziert, dass die Eindringlinge von "Samp" in den vergangenen Jahrzehnten sportlich weit erfolgreicher waren als der alteingesessene Traditionsverein.
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Lippi: "Es ist weniger giftig"
"Ich hatte das Glück, die größten Derbys mitzuerleben, aber keines hat die Atmosphäre des Lanterna", meinte einst Italiens Teamchef Marcello Lippi, der unter anderem auch bei Juventus und Inter die Duelle mit Torino und Milan erlebt hatte.
"Es ist weniger giftig als die anderen, vielleicht ist es das, was es schöner macht", so Lippi.
Schwere Ausschreitungen im Vorfeld
ORF.at bekam jedoch einen ganz anderen Eindruck. Bei schweren Ausschreitungen im Vorfeld des Spiels wurden 13 Polizisten und mehrere Dutzend Zuschauer verletzt.
Die Polizei musste eingreifen, um die "Tifosi" zu trennen, die in einer Straße unweit des Stadions unter anderem Müllcontainer in Brand gesetzt hatten. Die Polizisten wurden dabei mit Flaschen, Stöcken, bengalischen Feuern und Wurfgegenständen aller Art beworfen.
Die Sicherheitskräfte mussten anschließend sogar mit Tränengans gegen die Randalierer vorgehen. Dennoch gelang es lange Zeit nicht, die Situation unter Kontrolle zu bekommen.
Sampdoria-Präsident als Zielscheibe
Sampdoria-Präsident Riccardo Garrone, der mit seinem Auto unweit des Stadions gehalten hatte, um mit einem Polizisten zu sprechen, wurde mit Flaschen beworfen.
Das Spiel begann mit 15-minütiger Verspätung erst um 21.00 Uhr, damit die chaotischen Zustände beseitigt werden konnten. Die Polizei leitete inzwischen Ermittlungen ein, um die gewalttätigen Randalierer ausfindig zu machen.
1:0-Sieg wird zur Nebensache
Das Spiel selbst dann wurde angesichts der Szenen vor dem Stadion fast zur Nebensache. Der 1:0-Sieg von Sampdoria brachte dem Favoriten drei wichtige Punkte im Kampf um einen Startplatz in der Champions-League-Qualifikation.
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Vater und Sohn
Für die Sampdoria-Fans, die von den weit mehr als 11.000 Genoa-Anhängern (mehr Karten hatten die "Gäste" von den "Hausherren" in der herrlichen 36.703 Plätze bietenden reinen Fußballarena nicht zur Verfügung gestellt bekommen) nach drei Derbypleiten in Folge verhöhnt worden waren, dennoch eine süße Genugtuung.
Nach dem Erfolg lagen sich "Tifosi", die im Lager von Sampdoria standen, in den Armen. Mit eindeutigen Gesten wurden die Genoa-Anhänger gefordert, sich nach Hause zu bewegen.
Ein Familienvater war im dritten Rang des Stadions damit beschäftigt, dem Gästesektor sein nacktes Hinterteil zu präsentieren. Sein Filius im Volksschulalter unterstützte den Stammhalter dabei mit doppelt ausgestrecktem Mittelfinger.
Christian Tragschitz, ORF.at
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