ORF.at traf jenen Mann, der damit über mehrere hundert Millionen Euro von Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz entscheidet. Um es vorwegzunehmen: Der deutsche Ex-Teamspieler ist kein Fußballer wie jeder andere. Der Vorstandsvorsitzende von RB Leipzig überlegt sich jedes einzelne Wort sehr genau.
Umso überraschender kam es, dass der 46-jährige Familienvater das Engagement des heimischen Getränkeimperiums durchaus kritisch hinterfragte.
Als Spieler von Happel geprägt
In einer Welt der Selbstdarsteller, die im österreichischen Fußball und insbesondere in Salzburg seit der Übernahme des Traditionsvereins Austria durch den Getränkeriesen Red Bull stark ausgeprägt ist, wirkt ein Gespräch mit Beiersdorfer wie Erholungsurlaub.
Die fränkische Gemütsruhe des am 16. November 1963 in Fürth geborenen "Didi" vermischte sich durch die Stationen seiner aktiven Fußballkarriere noch zusätzlich mit hanseatischer Abgeklärtheit.
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©Bild: GEPA/Witters/Wilfried Witters |
Über Cadolzburg, Altenberg, Herzogenaurach und Bamberg war der Verteidiger 1985 zum damaligen Oberligisten SpVgg Fürth gewechselt, wo er den Scouts des Hamburger SV auffiel. Ein Jahr später ging es zum HSV, wo er unter dem legendären Wiener Erfolgscoach Ernst Happel sofort zum Stammspieler wurde.
Mit Herzog und Hatz beim selben Verein
"Wödmasta" Happel prägte den Spieler, aber auch den Menschen Beiersdorfer. Beim Cup-Sieg 1987 gehörte der kopfballstarke Abwehrspieler sogar zu den Torschützen. Später wechselte er zu Werder Bremen, wo er mit einem weiteren Österreicher beste Bekanntschaft machte.
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©Bild: APA/EPA/Oliver Multhaup |
Gemeinsam mit Andreas Herzog holte Beiersdorfer 1993 den Meistertitel ins Weserstadion. Nach Verletzungsproblemen ließ er beim 1. FC Köln und bei Reggiana (wo er gemeinsam mit Ex-ÖFB-Teamspieler Michael Hatz unter Vertrag stand) in der italienischen Serie A seine Laufbahn ausklingen.
"Als Spieler bist Du fremdbestimmt"
Seine aktive Karriere ist im Gespräch mit ORF.at aber kein Thema. "Als Spieler bist Du fremdbestimmt. Man sagt Dir, wann Training, Mittagessen und Bettruhe ist. Danach muss man erst einmal arbeiten lernen", sagt Beiersdorfer, ohne mit der Wimper zu zucken.
"Für mich war gleich klar, dass ich nicht Trainer werden will. Ich habe mir mit der Entscheidung, was ich mache, aber Zeit gelassen, weil ich eine Augenverletzung hatte. Darum habe ich rund ein Jahr Pause gemacht", blickt er auf das Ende als Fußballer zurück.
Der Doktor des Fußballs
"Danach habe ich ein BWL-Studium begonnen, bevor ich ins Berufsleben eingestiegen bin", sagt der Absolvent der Universität Hamburg, der diese mit einer Doktorarbeit über strategisches Management im Fußball verlassen hat.
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©Bild: GEPA/Witters/Valeria Witters |
Ein Doktor im Fußball, auch das gibt es, und es handelt sich dabei nicht um einen Vereinsarzt. "Es ist dann der Anruf vom HSV gekommen, und ich habe als Sportchef und stellvertretender Vorstandsvorsitzender zu arbeiten begonnen", so Beiersdorfer, der von 2002 bis 2009 erfolgreich beim Traditionsverein tätig war.
"Wir haben in den sieben Jahren den Umsatz von 65 auf 130 Millionen gesteigert, waren internationaler Stammgast und in der Champions League mit dabei", lautet das Resümee.
Als der Anruf von Stevens kam
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©Bild: GEPA/Felix Roittner |
Was darf ein Sponsor dem Fußball antun?
Der neue Sportchef nahm im Herbst seine Arbeit auf, jedoch erst, nachdem er sich selbst eine entscheidende Frage beantwortet hatte: "Kann ich dahinterstehen?"
Beiersdorfer, der sich selbst als Freund der Fußballkultur ("Ich war ein Teil der Basis") bezeichnet, hatte auch in Deutschland mitbekommen, dass der 1933 gegründete violett-weiße Traditionsverein Austria Salzburg nach der Übernahme durch Red Bull ausgelöscht worden war.
Kann der Hamburger SV zum Holsten SV werden und die Vereinsfarben in Schwarz-Gold ändern? Bei dieser Frage von ORF.at kommt auch Beiersdorfer ins Grübeln. Erst nach langer Nachdenkpause lautet seine Antwort: "Jeder kann entscheiden, wie er möchte. Ich würde mich aber sehr freuen, wenn wir jene Leute, die sich von uns abgewandt haben, wieder begrüßen könnten."
Wenn Red Bull keine Heimat bietet
"Nach meinen Informationen hätte Austria Salzburg nicht mehr weiterexistieren können. Es kann für die enttäuschten Anhänger aber natürlich ein Grund sein, nicht mehr zum 'anderen' Verein zu gehen, wenn sie ihn als anderen Club auffassen", sprach Beiersdorfer Klartext.
Diese Fans - und das sind nicht wenige - fanden mit der Neugründung von SV Austria Salzburg eine neue Heimat. Nach einem Neubeginn in der letzten Klasse stehen die Violetten übrigens kurz vor dem Durchmarsch in die Regionalliga West.
"Kontinuität als Erfolgsfaktor"
Aber der Arbeitgeber von Beiersdorfer heißt eben Red Bull und nicht Austria Salzburg. In dieser Tätigkeit ist Beiersdorfer derzeit mit der Zusammenstellung des Kaders für die nächste Saison beschäftigt.
"Kontinuität kann ein Erfolgsfaktor sein. Denn es ist schwierig, nach vorne zu kommen, wenn zuerst einer linksrum und dann einer rechtsrum sagt. Wir werden aber dennoch versuchen, in jedem Bereich besser zu werden", lautet die Zielvorgabe des Salzburg-Sportchefs für die kommende Transferzeit.
In dieser Funktion wurde der Vertrag mit Christoph Leitgeb verlängert, Alexander Zickler und Barry Opdam müssen sich hingegen verabschieden. Bei den verliehenen Johan Vonlanthen (FC Zürich) und Djordje Rakic (1860 München) haben ihre derzeitigen Vereine jeweils eine Option auf Vertragsverlängerung. Oberste Priorität hat derzeit aber die Suche nach einem neuen Torhüter.
"Adäquater Ersatz" gesucht
Der schwer verletzte Kapitän Eddie Gustafsson fällt rund ein halbes Jahr aus, deshalb braucht man (wenn Ersatzkeeper Heinz Arzberger bleibt) zumindest einen neuen Tormman.
"Wir wollten ohnehin was tun. Durch die Verletzung von Eddie brauchen wir aber jetzt adäquaten Ersatz", meint Beiersdorfer, aus dessen deutscher Heimat zurzeit Michael Rensing (Bayern München) und Timo Hildebrand (Hoffenheim) als Topkandidaten gehandelt werden.
"Auf Kunstrasen anderes Spiel"
Beiersdorfer nahm gegenüber ORF.at auch zu einem anderen Thema Stellung: dem Abschied vom Kunstrasen.
Ab der kommenden Saison wird im EM-Stadion Wals-Siezenheim auf Naturrasen gespielt, sehr zur Freude des Sportchefs. "Fußball auf Kunstrasen ist ganz etwas anderes. Da gibt es eigene Spezialisten. Zudem ist das Stadion damit auch wieder für die Nationalmannschaft in der EM-Qualifikation ein Thema, und wir können damit dem österreichischen Fußball helfen."
Christian Tragschitz, ORF.at
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