Nicht nur im Handball erfolgreich

Der Sport begleitete Gunnar Prokop bis zum 70. Geburtstag.
Mit Gunnar Prokop ist am Mittwoch überraschend eine der schillernsten Persönlichkeiten von der heimischen Sportbühne abgetreten, die ihm die Welt bedeutete und die er wesentlich mitgestaltet hatte.

Der 70-Jährige nahm wegen Differenzen mit dem Vorstand von Hypo Niederösterreich, dem achtfachen Gewinner der Champions League im Frauen-Handball, per 1. Juli seinen Hut, den er zuvor auch in der Leichtathletik getragen hatte.

Mit Leib und Seele dem Sport verbunden
Am 11. Juli 1940 in St. Pölten geboren, widmete Prokop sein bisheriges Leben dem Sport, dem er mit Leib und Seele verbunden war. Als Trainer, Manager, Motivator und Fachmann machte er Höhen und Tiefen durch, sorgte mit Aussagen über das "schwache Geschlecht" für Schlagzeilen, feierte Triumphe, musste aber auch Niederlagen und Rückschläge hinnehmen.

"Als Sechsjähriger hat alles begonnen, da trat ich dem Turnverein der Union St. Pölten bei", erinnerte sich der dreifache Familienvater einst im Gespräch mit der APA.

Vom Turner zum Leichtathleten
Er sei von Beginn an ein Fanatiker gewesen, so Prokop - und ist es bis heute geblieben. Im zarten Kindesalter fuhr er jeden Tag mit dem Rad zum Training, im Nachwuchsalter brachte er es zum Landesmeister im Turnen. Daneben frönte er dem Skifahren und Bergsteigen, später wurde er staatlicher Ski- und Bergführer sowie ausgebildeter Sportlehrer.

Als 16-Jähriger brach sich Prokop jedoch den zweiten Halswirbel, musste sechs Monate Gips tragen und sattelte auf Leichtathletik um. 1961 lernte Prokop, der auf dem Annaberg eine Skischule gründete und diese 25 Jahre lang führte, seine spätere Gattin Liese (Mädchenname Sykora) kennen und lieben.

Er übernahm die Leichtathletik-Sektion in St. Pölten und bereitete Liese auf Olympia 1964 in Tokio vor, wo sie sich jedoch beim Aufwärmen für den Hochsprung verletzte. "Es gab Tränen, aber wir haben uns geschworen, vier Jahre später eine Medaille zu holen. Wir haben wirklich ganz wild trainiert dafür", sagte Prokop,. Zwischen den Spielen in Tokio und Mexiko-Stadt wurde geheiratet.

Liese Prokop holt Olympiasilber
1968 holte Liese Prokop dann mit Olympiasilber im Siebenkampf das nach, was ihr 1964 versagt geblieben war. Dazu gab es durch Eva Janko im Speerwurf noch Bronze. Liese Prokop fixierte 1969 in Leoben und der Südstadt zwei Weltrekorde und wurde im selben Jahr in Athen Europameisterin.

Olympia 1972 in München blieb für sie wegen einer Verletzung unerreichbar, dafür hatte Trainer Gunnar Prokop seine Schwägerin Maria Sykora "entdeckt". Sie machte er schon 1969 in Athen zur EM-Dritten über 400 m, doch München brachte wieder einen Rückschlag.

Nach ÖLV-Rekord im olympischen 800-m-Halbfinale erlitt Sykora einen Sehnenriss. Sie hielt sich dafür später mit dem Hallen-EM-Titel 1970 in Wien (800 m), dem Studenten-WM-Titel 1971 (400 m) und als Zweite der 800-m-Jahresweltrangliste schadlos.

1977 erstmals mit Hypo Meister
Als Ausgleich zur Leichtathletik hatte der gestrenge Prokop seinem Duo im Winter Handball verordnet. Die Prokop'sche Erfolgsgeschichte sollte damit fortgesetzt werden. 1977 wurde Hypo Südstadt erstmals Meister, 33 weitere Titel in Serie, zwölf Europacup-Finali und acht Champions-League-Trophäen folgten.

"Neben den zwei Olympia-Leichtathletik-Medaillen zählten der erste Europacup-Triumph 1989 und das WM-Bronze 1999 in Norwegen zu den schönsten Erlebnissen", erinnerte sich der zum erfolgreichen, aber nicht unumstrittenen Handballzampano aufgestiegene Prokop.

Allerdings erlebte er auch Tiefschläge. Dazu zählen der fünfte Olympiaplatz im Handballturnier 1992 in Barcelona sowie die Niederlagen im WM-Viertelfinale 1995 in Österreich gegen Dänemark und im Europacup-Halbfinale 1997 gegen Valencia.

Olympiamedaille blieb Prokop verwehrt
Prokops großer Traum, bei seiner sechsten Olympiateilnahme 2000 in Sydney eine Handballmedaille zu holen, blieb unerfüllt. Prokop trat am 30. Juni mangels professionellen Umfelds im Verband und aus Enttäuschung über einige Spielerinnen als ÖHB-Sportwart zurück.

Er hätte sich schon vor zehn Jahren vom Beruf als Internatsleiter des Leistungsmodells Südstadt und auch vom Sport zurückziehen können. Doch an die Pension dachte er nicht, ganz im Gegenteil - Prokop machte in beiden Bereichen weiter.

"Wenn man auf dem Boden liegt, muss man auch wieder aufstehen. Denn gewinnen kann man nur, wenn man sich wieder stellt", lautet seine Philosophie. Brutale Niederschläge wie 1999 in Dunaujvaros und 2000 in Skopje gaben ihm zu denken, waren aber kein Grund zum Aufgeben.

Prokops schwerster Verlust
Den schwersten Verlust musste Prokop am 31. Dezember 2006 hinnehmen, als seine Frau, die inzwischen zur Innenministerin aufgestiegen war, wegen eines Risses der Aorta plötzlich starb. Seit diesem schwarzen Silvester ist der Exzentriker viel nachdenklicher und ruhiger geworden.

Dass er im vergangenen Jahr im Europacup-Heimspiel gegen HB Metz auf das Parkett stürmte und eine Gegnerin auf dem Weg zum möglichen Siegestor mit einem Bodycheck stoppte, sei, wie Prokop später erklärte, ein "Blackout" und nicht der "wahre Gunnar" gewesen. Man wird ihn in Zukunft nicht nur im Hypo-Lager vermissen.

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