Themenüberblick

Bange Momente um Olympiasieger

Vier Jahre nach seinem Märchen von Peking haben die Olympischen Spiele in London für Gewichtheber Matthias Steiner mit einem kleinen Drama geendet. Der gebürtige Österreicher sorgte am Dienstag bei der Entscheidung im Superschwergewicht für eine Schrecksekunde. Der 29-Jährige wurde von 196 Kilogramm im Nacken getroffen, als er vergeblich versuchte, im Reißen die Last zu bewältigen.

Steiner, der aus Obersulz im Weinviertel stammt und 2008 in Peking Gold holte, lag für kurze Zeit benommen auf der Heberbühne in der ExCel-Arena, konnte aber dann aus eigener Kraft wieder aufstehen und wurde von seinen Betreuern aus der Halle begleitet. Anschließend verzichtete er auf seinen dritten und letzten Versuch im Reißen und auf eine Fortsetzung des Wettkampfes.

Zur Untersuchung ins Spital

Steiner klagte nach dem Zwischenfall über Schmerzen im Rückenbereich und wurde laut Angaben des deutschen Teams zu genaueren Untersuchungen in ein Krankenhaus gebracht. Dort sollte ausgeschlossen werden, dass er sich Folgeschäden wie Wirbelverletzungen zugezogen hatte.

„Wir müssen die Untersuchungen abwarten. Nach bisherigem Stand ist es aber keine schlimme Verletzung“, erklärte Michael Vesper, der Chef de Mission des deutschen Olympiaaufgebots. „Er hätte gerne weitergemacht, aber die Gesundheit geht vor. Er ist sehr enttäuscht.“ Mit 192 kg im Reißen wäre sein Ziel ohnehin fast außer Reichweite gewesen. Die fast 10.000 Zuschauer applaudierten Steiner, als er aus der Arena geleitet wurde - diesmal nicht als großer und glücklicher, sondern als tragischer Held.

Gold an Iraner „Salimi“

Den Applaus als stärkster Mann der Welt holte sich der Iraner Behdad Salimikordasiabi ab. „Salimi“ setzte sich mit einer Zweikampfleistung von 455 kg vor seinem Landsmann Sajjad Anoushiravani Hamlabad (449 kg) sowie dem Russen Ruslan Albegow (448 kg) durch. Bei seinem Angriff auf den Weltrekord von 472 kg scheiterte der 22-Jährige.

Gold schien für Steiner schon vorher außer Reichweite zu sein. Grund für seine niedrigere Erwartungshaltung war eine Verletzung, die er sich im September des Vorjahres zugezogen hatte: Einriss der Quadrizepssehne im linken Bein - hört sich harmlos an, im Gewichtheben ist dieser Bereich zwischen Knie und Oberschenkel aber der am meisten beanspruchte.

Nach Verletzung im Trainingsrückstand

Steiner, 2004 in Athen noch Siebenter für Österreich, musste sich einer Operation unterziehen, sonst wäre seine Karriere wohl zu Ende gewesen. Die 461 kg, die er beim Olympiasieg in Peking im Zweikampf zur Hochstrecke gebracht hat, waren diesmal nicht erreichbar. „Wer verlangt, dass ich Weltrekord stoße, der hat keine Ahnung von diesem Sport“, betonte der Titelverteidiger. „Ich habe nicht das Fundament von damals.“ Mehrere Trainingsmonate fehlen ihm.

Seine Saisonbestleistung stand seit Platz zwei bei der EM im April in Antalya bei 424 kg. Neue Energie hatte sich der 140-kg-Koloss, der seit seiner Jugend an Diabetes leidet, in der alten Heimat geholt. Zwei Wochen schuftete Steiner zuletzt in seiner unmittelbaren Olympiavorbereitung im Bundessportzentrum Schielleiten in der Steiermark. „Ich habe Ruhe gebraucht“, erklärte der gelernte Installateur, der in Deutschland zum Superstar geworden ist.

Unvergessene Momente in Peking

Sportler des Jahres, Silbernes Lorbeerblatt, Talkshowauftritte - mit Auszeichnungen war Steiner nach seinem überraschenden Gold nur so überhäuft worden. Die Tränen des Kraftprotzes auf dem Siegespodest samt Foto seiner ein Jahr davor bei einem Autounfall verstorbenen Frau Susann sind unvergessen. Gerne spricht Steiner nicht mehr darüber. „Die Geschichte ist auserzählt“, sagte der Olympiasieger.

Matthias Steiner hält bei der Siegerehrung in Peking 2008 seine Medaille und ein Foto seiner verstorbenen Frau in die KameraAP/Andres LeightonBei der Siegerehrung in Peking sorgte Steiner für einen emotionalen Moment

Mittlerweile wird Steiner von seiner jetzigen Frau Inge Posmyk begleitet, mit der er in Heidelberg lebt. Mit der TV-Moderatorin, die nun Steiner heißt, hat er einen zweijährigen Sohn namens Felix.

Links:

Publiziert am 07.08.2012