Es kann nur besser werden

Herbst: "Olympia ist kein Wunschkonzert."
Österreichs Skiherren haben die 21. Olympischen Winterspiele ohne Medaille verlassen. Bis zuletzt war kein "Jimmy" Steiner in Sicht, der so wie 1984 in Sarajevo mit Bronze die Ehre der ÖSV-Herren retten konnte. Für Benjamin Raich & Co gab es lediglich dreimal "Blech" in fünf Rennen.

Die Suche nach den Hundertsteln in Slalom, Riesentorlauf und Abfahrt ist müßig. Tatsache ist, dass die ÖSV-Herren, die im Weltcup den Ton angeben, zum ersten Mal in der Geschichte von Olympischen Winterspielen medaillenlos blieben.

Raich: "Extrem enttäuschend"
Raich, in Turin 2006 noch Doppelolympiasieger im Slalom und RTL, brachte die Gefühle der ÖSV-Mannschaft auf den Punkt: "Natürlich ist das für die ganze Mannschaft extrem enttäuschend."

Der 32-jährige Tiroler versuchte sich in vier Bewerben, ging viermal leer aus, verpasste am Samstag im Slalom Bronze nur um 0,05 Sekunden. Trotzdem war es für ihn "eine schwere Niederlage und bittere Enttäuschung".

"Höchststrafe für einen Trainer"
Die "Dave Murray"-Piste von Whistler Creekside warf die Herren rund um Benjamin Raich, Doppelolympiasieger von Turin 2006, ab wie ein wild gewordener Bulle beim Rodeo.

"Das ist die Höchststrafe für einen Trainer. Nach dem RTL war ich sicher, dass wir im Slalom eine Medaille holen. Es hat ganz knapp nicht gereicht. Nützt nichts, drei andere waren schneller. So ist das Leben."

Das sagte ÖSV-Herren-Teamchef Toni Giger, nachdem es im abschließenden Slalom am Samstag wieder nicht zu einer Medaille gereicht hatte. Giuliano Razzoli (ITA) holte sich Gold vor Ivica Kostelic (CRO) und Andre Myhrer (SWE).

Ein Fiasko in fünf Teilen
Das Medaillenfiasko für die ÖSV-Herren begann in der Abfahrt mit "Blech" für Mario Scheiber (+0,12 Sekunden hinter Bronze).

Es folgte das Super-G-Debakel (Bester Raich, 14., +0,70 hinter Bronze), die enttäuschende Vorstellung in der Superkombi (Raich, 6., +0,81 auf Bronze), die bitteren Plätze vier (Hirscher, +0,08), fünf (Baumann, +0,36) und sechs (Raich, +0,39) im RTL und schließlich die letzte, um 0,05 Sekunden verpasste Chance im Slalom.

"Powerteam" unter Druck
Das ÖSV-Team litt in Vancouver 2010 sicher unter der Tatsache, dass die Dichte an Klasseleuten nicht mehr so hoch ist wie noch vor einigen Jahren.

Rücktritte von Leistungsträgern, Verletzungen und Nachwuchssorgen setzten dem "Powerteam" zu. Österreich gewann heuer bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Frankreich "nur" drei Silber- und zwei Bronzemedaillen.

Österreich belegte damit in der Medaillenwertung aufgrund einer fehlenden Goldmedaille nur den siebenten Rang hinter Frankreich, Norwegen, Italien, Deutschland, der Schweiz und den USA.

"Das System ist nicht hin"
ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel wollte in einer ersten Stellungnahme nach der Medaillenflaute der Herren nicht das gesamte System infrage stellen.

"Was willst machen, lauter vierte Plätze. Wenn jetzt wieder wer sagt, das System ist hin, ist das auch ein Schwachsinn, weil mit einem vierten Platz ist das System nicht hin."

Superkombi kein Ruhmesblatt
Dennoch sorgte nicht nur bei heimischen Beobachtern besonders für Verwunderung, dass lediglich zwei "richtige" Kombinierer in der Superkombination am Start waren. Der dritte Starter Georg Streitberger gab nach der Abfahrt auf, ein vierter Teilnehmer konnte nicht gefunden werden.

Kein Ruhmesblatt für die Skination Nummer eins, die seit Jahren die Nationenwertung im Weltcup beherrscht.

Giger: "Keine Ausreden"
Dass es auch das stärkste Slalomteam der Welt nicht schaffte, die ersehnte Medaille ins Trockene zu bringen, war dann für alle Beteiligten bitter, die jedoch nicht den Rückwärtsgang auf dem Erklärungsparcours einlegten.

"Wichtig ist, dass wir mit dem Ergebnis richtig umgehen, man braucht sich keine Ausreden zurechtlegen - ob Schnee oder sonst was. Die Verhältnisse sind wie sie sind. Wir waren einfach um das Eitzerl zu langsam, nicht viel, aber eine Spur hat gefehlt", sagte Giger, dessen Zukunft noch offen ist.

Vertrag bis Ende der Saison
"Ich kann nicht garantieren, dass ich im nächsten Jahr noch Herren-Cheftrainer sein werde. Es ist ausgemacht, dass ich bis Ende der Saison diesen Job mache. Auf das konzentriere ich mich, das ist auch das Wichtigste."

Erst nach der Saison geht es an das Aufarbeiten.

Analysieren und verbessern
"Nach der Saison wird alles besprochen, dann haben wir unsere Analysesitzungen. Da erheben wir den Status quo und schauen, was wir tun müssen, um besser zu werden. Das wird dann im Training umgesetzt. Das ist ein ganz normaler Prozess", so Giger.

"Wenn man sich die Weltcup-Wertungen anschaut, weiß man, wo wir stehen. Darum darf man jetzt nicht alles infrage stellen. Olympia ist kein Wunschkonzert", verteidigte Reinfried Herbst, der als Slalomweltcup-Führender im Olympiatorlauf Zehnter wurde, sein Team.

"Abhaken, nach vorne schauen"
Auch Giger wollte mit den verpatzten Olympiaauftritten nicht alle Leistungen der ÖSV-Herren kleinreden.

"Wir müssen das abhaken und nach vorne schauen. Wir haben im Weltcup noch große Ziele. Wir führen im Gesamt-, Super-G-, und Slalomweltcup, können also noch jede Menge erreichen."

Auf alle Fälle auch wieder bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi, Russland. Von Vancouver 2010 kann es auch nur bergaufgehen. "Wir werden darüber hinwegkommen", war Benjamin Raich zuversichtlich.

Martin Wagner und Harald Hofstetter, ORF.at aus Whistler

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