Neben Brasilien der Favorit

"Von einem Misserfolg zu sprechen, wenn wir die WM nicht holen, wäre aber sehr extrem."
Nach der Eroberung Europas will sich Spanien auch zum Weltreich mausern, der im Wiener Ernst-Happel-Stadion errungene EM-Titel hat Lust auf mehr geweckt.

Vor der WM in Südafrika ist der Optimismus so groß, dass Teamchef Vicente del Bosque seine Landsleute vor überzogenen Erwartungen warnte. "Es wäre kein katastrophaler Schiffbruch, wenn wir den Titel nicht gewinnen", meinte der 59-Jährige. Dennoch ist "La Roja" neben Brasilien der heißeste Favorit auf den Titelgewinn.

Del Bosque warnt
"Ganz Spanien glaubt, dass wir den Titel gewinnen müssen. Von einem Misserfolg zu sprechen, wenn wir die WM nicht holen, wäre aber sehr extrem", so Del Bosque.

"Unsere Resultate der jüngeren Vergangenheit waren tatsächlich fantastisch. Aber es ist eben auch so, dass es nichts Schwierigeres gibt, als eine WM zu gewinnen. Ja, Spanien spielt einen guten Fußball. Aber wir dürfen auf keinen Fall glauben, schon vor dem WM-Auftakt etwas gewonnen zu haben. Man darf Selbstvertrauen nicht mit Überheblichkeit verwechseln."

Nach EM- soll auch WM-Fluch enden
Doch ist auch ihm bewusst, dass Namen wie Iker Casillas, Cesc Fabregas, Xavi Hernandez und Fernando Torres für jene Qualität bürgen, aus der durchaus Weltmeister gemacht werden - selbst wenn Stützen wie Fabregas und Torres zuletzt durch Verletzungen Schlagzeilen machten.

Bisher war Spanien jahrelang vom Fluch begleitet worden, bei Endrunden spätestens im Viertelfinale zu scheitern. Erst bei der EM 2008 war Schluss damit. In Österreich nämlich kitzelte der "alte Weise" Luis Aragones die Urtugenden des Fußballspiels aus der Mannschaft hervor.

Der nächste Durchschnittsspanier
Vor ihrem "Tiqui-Taca", dem flinken Kurzpassspiel, mussten letztlich alle - Finalgegner Deutschland inklusive - kapitulieren. Aragones trat am Höhepunkt seiner Laufbahn als Teamchef ab, doch wurde mit Del Bosque ein geradezu kongenialer Nachfolger gefunden. Wie Aragones verkörpert er fast den Prototyp des behäbigen Durchschnittsspaniers.

Obwohl man sich auch um Aragones und Del Bosque wahrlich keine finanziellen Sorgen machen muss, sind sie damit geradezu die Antithese zur Glanz- und Glamourwelt, mit der Vereine wie Real Madrid und FC Barcelona die Fußballwelt erobern wollen.

Confed-Cup als mahnendes Beispiel
Real und Barca stehen in Spanien für zwei Pole: da die Hauptstadt Madrid, dort das aufmüpfige Katalonien. Im Nationalteam spielen die nationalistischen Ränkespiele keine Rolle. Im Kader jenes spanischen Teams, das im November 2009 in Wien freundschaftlich 5:1 gewann, standen sechs Katalanen und auch zwei Basken.

In den vergangenen 46 Matches gab es für Spanien eine einzige Niederlage. Doch diese führte Del Bosque und Co. 2009 bei der WM-Generalprobe Confederations Cup vor Augen, wie schnell Ruhm und Statistiken verblassen. Das Halbfinale gegen die USA endete 0:2.

Steckbrief Spanien

  • Größe: 504 645 km2 (Weltrang 50)
  • Einwohner: 44,1 Mio. (Weltrang 29)
  • Hauptstadt: Madrid
  • Staatsform: Parlamentarische Monarchie (Verfassung von 1978)
  • Sprachen: Spanisch (ganzes Land), Katalanisch (mit den Varianten Valencianisch und Mallorquin), Galicisch, Baskisch (jeweils regional)
  • BIP (Dollar pro Kopf): 30.621
  • Verband: Real Federacion Espanola de Futbol (RFEF), gegründet 1913
  • FIFA-Beitritt: 1913
  • Dressen: Rot-Blau

WM-Teilnahmen: 13

Größte Erfolge:

  • Zweifacher Europameister (1964, 2008)
  • EM-Finalist 1984
  • WM-Vierter 1950

FIFA-Weltrangliste: 2

Teamchef: Vicente del Bosque (seit Sommer 2008)

Weg zur WM: Sieger der Gruppe fünf der Europa-Qualifikation

Bekannteste Spieler: Iker Casillas (Real Madrid), Cesc Fabregas (Arsenal), Fernando Torres (Liverpool), Xavi Hernandez (FC Barcelona), Xabi Alonso (Real Madrid), David Villa (Valencia)

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