Erstmals in der 80-jährigen WM-Geschichte und als achtes Team überhaupt eroberten die Spanier den Titel und dürfen sich jetzt als dritte Mannschaft nach Deutschland (1972/1974) und Frankreich (1998/2000) gleichzeitig mit den zwei wichtigsten Titeln schmücken: Sie sind nun Welt- und Europameister.
Gleich mehrere Premieren
Dabei gaben sich die Spanier in Südafrika sehr ökonomisch: Nur acht Tore reichten ihnen zum Titelgewinn - mit so wenigen Treffern war noch nie zuvor eine Mannschaft Weltmeister geworden. Und erstmals triumphierte ein europäisches Team außerhalb des Heimkontinents.
Die Niederländer, die zuvor 25 Spiele nicht verloren hatten, standen hingegen wie 1974 gegen Deutschland (1:2) und 1978 gegen Argentinien (1:3 n.V.) mit leeren Händen da.
Härte war Trumpf
32 Jahre hatten die Niederländer auf ein WM-Finale warten müssen, die Spanier standen sogar erstmals im Endspiel. Doch ein rauschendes Fußballfest wurde es nicht.
Statt hoher Spielkunst erlebten die 84.500 erwartungsfrohen Zuschauer eine zum Teil böse Treterei mit zwölf Gelben Karten - so viele wie in keinem der vorangegangenen 18 Endspiele - und Gelb-Rot für den Niederländer John Heitinga (109.).
Erst in der Verlängerung, als beide Teams dem erbitterten Kampf um jeden Zentimeter Tribut zollen mussten, ergaben sich Räume und mehr Chancen auf beiden Seiten. In der 116. Minute avancierte Iniesta dann mit einem Schuss ins linke untere Eck zu Spaniens WM-Helden.
Schiedsrichter im Mittelpunkt
Schiedsrichter Howard Webb, der als vierter Engländer ein WM-Finale leiten durfte, hatte während der gesamten Partie alle Hände voll zu tun und verteilte vor Ablauf der ersten halben Stunde bereits fünf Gelbe Karten. Die Fouls der Niederländer Mark van Bommel und vor allem De Jong, der Xabi Alonso mit einem Kung-Fu-Tritt niederstreckte, wären auch problemlos als Rot durchgegangen.
Dennoch bekam Webb nach dem Abpfiff von den Verlierern einiges zu hören. Minutenlang redete eine Gruppe um Joris Mathijsen und Van Bommel auf den Unparteiischen ein. Seine Entscheidung, wenige Sekunden vor dem entscheidenden Treffer der Spanier nicht Eckball für die Niederländer zu geben, sorgte für lange Diskussionen. "Wir saßen alle in der Kabine und haben über den Schiedsrichter diskutiert. In einem WM-Finale kann man einen Schiedsrichter von Weltniveau erwarten", klagte Arjen Robben.
Jubel in der Kabine
In der spanischen Kabine im Soccer-City-Stadion von Johannesburg ging es unterdessen erst so richtig los. Die neuen Weltmeister feierten gemeinsam mit Startenor Placido Domingo, Tennisass Rafael Nadal und Prinz Felipe bis 1.00 Uhr, ehe die Abfahrt zum Flughafen anstand.
Die Spieler der "Roja" sollen am Montag in der Heimat gebührend gefeiert werden. Nach ihrer Ankunft werden sie zunächst von Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero und wohl auch von König Juan Carlos empfangen. Anschließend fahren sie mit einem offenen Doppeldeckerbus durch die spanische Hauptstadt. Zum Abschluss können ihnen bis zu 150.000 Menschen auf einer Esplanade hinter dem Königspalast zujubeln.
Die Polizei lässt die Sirenen heulen
In der Heimat wurde schon in der Nacht auf Montag gefeiert. Von Santander im Norden bis Tarifa im Süden rannten die Menschen mit rot-gelben Fahnen auf die Straße, um den Triumph ihrer Nationalmannschaft zu feiern.
"Unglaublich, unglaublich", stammelte eine junge Frau auf der größten Fanmeile des Landes in Madrid, wo bis zu 250.000 Menschen die Partie bei brütender Hitze auf vier Riesenleinwänden verfolgt hatten. "Ich habe fest daran geglaubt, aber vor dem Spiel hatte ich doch große Bedenken", gab sie zu.
Landesweit bildeten sich Autokorsos, fuhren die Menschen hupend durch die Städte und zündeten Knallkörper. Selbst die Polizei ließ mancherorts vor Freude die Sirenen heulen.
Die Sorgen über die Wirtschaftskrise und die hohe Arbeitslosigkeit waren an diesem Abend verflogen. "Bei all den schlechten Nachrichten in letzter Zeit haben wir uns diese Freude auch wirklich verdient", erklärte ein Fan.
Einige Ausschreitungen
Am Rande der Feierlichkeiten kam es in Katalonien und im Baskenland zu Ausschreitungen. In Barcelona nahm die Polizei in der Nacht 21 Randalierer fest, die Autos und Müllcontainer in Brand gesteckt hatten. Zudem griffen die Unruhestifter 16 Streifenwagen der Polizei mit Flaschen und Steinen an.
In Barcelona wurden zudem 74 Menschen verletzt, darunter zwölf Polizisten. 21 der Verletzten wurden in Krankenhäuser gebracht. Im Baskenland griffen militante Separatisten mehrere Fans an. Mindestens vier von ihnen wurden verletzt. Drei der Täter nahm die Polizei fest.
In Bilbao ging ein Mann mit einem Holzknüppel auf zwei Fußballfans los, die eine Spanien-Fahne trugen. Ähnliche Zwischenfälle gab es auch in Zarauz und in der baskischen Hauptstadt Vitoria. Dort steckten Randalierer zudem Autos und Müllcontainer in Brand.
Kater und Festnahmen in den Niederlanden
In den Niederlanden kam es hingegen in einigen Städten zu Krawallen und Schlägereien. Dutzende Randalierer wurden vorübergehend festgenommen. Insgesamt sei die Nacht auf Montag aber trotz der weit verbreiteten Enttäuschung "weitgehend problemlos verlaufen", sagte ein Polizeisprecher.
In Den Haag gingen Polizisten im Stadtzentrum gegen rund 200 Randalierer vor. 40 wurden kurzzeitig festgenommen. Einige Dutzend Festnahmen gab es auch in anderen Städten, darunter Den Bosch, Maastricht und Venlo. Die Lage habe sich jedoch rasch wieder beruhigt. Hunderttausende seien von den Fanmeilen - darunter fast 180.000 Menschen auf dem Museumsplein in Amsterdam - ohne nennenswerte Zwischenfälle nach Hause zurückgekehrt.
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