Themenüberblick
Trauriges Ende der Olympiahoffnungen
„Es ist in einer 180-Grad-Ecke passiert, Günther hat einen Stich bekommen beim Übergang von der Achillessehne zum rechten Fersenbein“, sagte ÖLV-Sportdirektor Hannes Gruber, der kurz mit dem völlig am Boden zerstörten Weidlinger gesprochen hatte. Eine erste Untersuchung ergab eine Partialruptur am Ansatz der rechten Achillessehne. Eine Operation ist nicht notwendig, die Dauer der Genesung ist noch nicht absehbar.

„Ich bin noch immer total kaputt“, sagte ein schwer enttäuschter Weidlinger im ORF-Interview einige Stunden nach dem bitteren Aus. „Das war mein absoluter Saisonhöhepunkt, auf den ich das ganze Jahr hingearbeitet habe. Es war das einzige Rennen, auf das ich mich vorbereitet habe. Dass es jetzt so in die Hose gegangen ist, das wird noch einige Zeit in meinem Kopf nagen“, fügte der Pechvogel hinzu.
Wieder die Achillessehne
Dabei war Weidlinger bis Kilometer zehn sehr gut im Rennen gelegen, der Vorfall ereignete sich unmittelbar danach. TV-Bilder zeigten ihn am Boden liegend. Nach einer Erstversorgung im Medical Center im Start-Ziel-Bereich des Marathons wurde Weidlinger, der sich die rechte Achillessehne schon vor zehn Jahren bei einem Sturz gerissen hatte, zu genaueren Untersuchungen in die Poliklinik des olympischen Dorfes gebracht. Begleitet haben ihn Trainervater Heinrich Weidlinger und ÖOC-Arzt Alfred Engel.
Schon die Vorbereitung auf seinen erhofften Karrierehöhepunkt war nicht ohne Pannen verlaufen. Im Frühjahr hatte Weidlinger ein Problem mit der Ferse, er musste seine geplanten Starts als Pacemaker in Linz und Düsseldorf absagen. Am Schluss des Höhentrainingslagers riss er eine Verkühlung auf, und zuletzt musste eine Entzündung in einem Finger mit einer Minioperation gereinigt werden. Er hatte sich bei der Gartenarbeit an einem Brombeerstrauch gestochen. Doch dies sei ausgestanden, er bereit und voller Vorfreude, hatte er vor dem Marathon gesagt.
Pech klebt an seinen Fersen
Weidlinger knüpfte damit nahtlos an seine Pechserie bei vergangenen Großereignissen an. Sein Leidensweg ist lang, seine Karriere von zahlreichen Stürzen und Missgeschicken gepflastert. 2002 riss sich Weidlinger, der einst als Europas Steeple-Hoffnung galt, bei einem Meeting bei einem Sturz beim Wassergraben die rechte Achillessehne und musste die folgende WM in Edmonton sowie die Hallen-EM 2002 in Wien auslassen. Eine großer Knackpunkt in der Karriere, die Rückkehr in den Leistungssport war sehr schwierig, so starke Leistungen zeigte er danach nie mehr.
Bei Freiluft-Europameisterschaften hat Weidlinger das Glück oft gefehlt, 1998 in Budapest hatte er im Vorlauf vor einem Hindernis einen Rempler bekommen, war gestürzt und hatte sich Muskelfaserrisse im Knie, eine Gehirnerschütterung sowie ein Peitschenschlagsyndrom zugezogen. 2002 in München stieg ihm im Finale ein Konkurrent auf den Fuß, er krachte in ein Hindernis und kämpfte sich als Zwölfter und Letzter ins Ziel. Diagnose: Teilabriss im Quadrizeps des linken Oberschenkels.
Purzelbäume und Hindernisse
Und 2003 gleich wieder ein Sturz in einem wichtigen Rennen: Bei der Hallen-WM in Birmingham stolperte der HSZ-Soldat im Finale über 3.000 m über einen Gegner, machte einen Purzelbaum und blessierte sich die linke Schulter. Im selben Jahr auf der Linzer Gugl lag Weidlinger nach einem Kreislauf-Zusammenbruch minutenlang auf der Laufbahn. Bitter auch der Auftritt bei der WM in Paris 2003, als Weidlinger nach einem Sturz aufgab.
Der traurige Höhepunkt war 2007 bei der WM in Osaka. Dort stürzte Weidlinger in der zweiten Runde seines Vorlaufs über 3.000 m Hindernis mit dem Kinn gegen den Balken und zog sich Rissquetschwunden an Unterlippe und Unterkiefer sowie ein Stauchungstrauma am Bewegungsapparat und Verschiebungen des Beckens zu. 45 Minuten war er teilweise ohne Bewusstsein. In London 2012 könnte die Karriere und damit das Leiden für Weidlinger ein Ende gefunden haben.
Links:
Publiziert am 14.08.2012