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Dabei sein ist alles
Ein Erfolg wird von der 23-Jährigen angesichts ihrer Bestzeit von über 13 Sekunden nicht erwartet. Dennoch werden am Freitag viele Menschen in ihrer Heimat auf die einzige Frau im sechs Sportler umfassenden afghanischen Olympiateam schauen: Sie trägt bei der Eröffnungsfeier die Flagge ihres Landes. Mit ihrer Olympiateilnahme wolle sie auch ein wichtiges Zeichen setzen - gegen jene Afghanen, „die glauben, dass Mädchen, die Sport machen, unmoralisch sind und Schande über ihre Familien bringen“, sagte Kohistani in einem Interview.

Sie, ihr Sprinter-Kollege Massud Azizi, der Boxer Ajmal Faisal und der Judoka Ajmal Faissada wurden vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) nach London eingeladen. Nur die Taekwondo-Kämpfer Rohullah Nikpai und Nesar Bahawi haben sich direkt für die Spiele qualifiziert. Die Teilnahme allein sei „glorreich“, sagte General Mohammed Saher Aghbar, der Chef des Afghanischen Olympischen Komitees. „Wir hoffen trotzdem, dass sie ihr Bestes geben werden.“
Chancen für Taekwondo-Kämpfer
Afghanistan könne seinen Sportlern nicht solch gute Trainingsmöglichkeiten bieten wie andere Nationen, trotzdem sei die Motivation hoch, betonte Aghbar. „Wir hoffen, dass sie mit ein paar Medaillen zurückkehren und ihrem Land Ehre bringen. Das gibt den Menschen einen Grund, stolz zu sein.“ Für die zwei Taekwondo-Kämpfer stehen die Chancen nicht schlecht. Nikpai gewann 2008 in Peking immerhin Bronze, die erste Olympiamedaille für Afghanistan überhaupt.
Nach jahrzehntelangen Konflikten lag der Sport in Afghanistan am Boden. Viele Athleten gaben in dieser Zeit auf oder verließen das Land. Während der Herrschaft der radikalislamischen Taliban von 1995 bis 2001 war Sport im zentralasiatischen Staat ganz verboten. 2004 in Athen nahmen erstmals seit 1980 wieder afghanische Sportler an Olympischen Spielen teil. Sport in Afghanistan sei noch in einer Entwicklungsphase, sagte Aghbar.
Sportkanal geht auf Sendung
Trotz des Fehlens moderner Stadien und Trainingsmöglichkeiten und angesichts der anhaltenden Gewalt im Land gewinne Sport „Tag für Tag“ mehr Anhänger. „Wenn Jugendliche sportlich aktiv sind, dann ist es weniger wahrscheinlich, dass sie mit Gewalt oder Drogen in Kontakt kommen, den zwei Hauptproblemen Afghanistans“, glaubt Aghbar. Wie groß das Interesse am Sport in Afghanistan ist, zeigt die Gründung des ersten Sportfernsehkanals. In der vergangenen Woche ging er auf Sendung, rechtzeitig vor den Olympischen Spielen in London.
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Publiziert am 27.07.2012