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Historischer Kurzauftritt
Schaherkani betrat exakt um 10.27 Uhr Ortszeit als erste Sportlerin ihres Landes eine olympische Kampfstätte. Ein, zwei Aktionen durfte die Athletin, die statt eines Kopftuchs eine einer schwarzen Badekappe ähnelnde Kopfbedeckung trug, unter viel Beifall zeigen, ehe ihr Auftritt bei den Spielen in London schon wieder beendet war. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hofft, dass das kurze Gastspiel dennoch ein wegweisendes Zeichen für die Zukunft gesetzt hat.

Erstmals alle Teams mit Frauen vertreten
„Ich war so nervös. Ich war noch nie vor einer solchen Menschenmenge“, gestand die 16-Jährige nach ihrem Aus gegen Melissa Mojica aus Puerto Rico. Ihr Auftritt dürfte dennoch Wirkung weit über diesen 3. August 2012 hinaus haben. Erstmals haben alle Olympiateams Frauen nominiert - auch Katar und Brunei, die wie die Saudis keine Athletinnen für die Peking-Spiele nominiert hatten.
In London geht neben Schaherkani die in den USA lebende 800-m-Läuferin Sarah Attar für den Ölstaat an den Start. Bei der Eröffnungsfeier trugen beide Kopftücher - die Empörung der Sittenwächter und bei religiös-konservativen Kreisen in der Heimat war trotzdem riesengroß.
Frauensport gilt in Saudi-Arabien als schamlos. Schulsport ist für Mädchen verboten, Frauen-Sporteinrichtungen werden nicht genehmigt, und ohne Begleitung eines männlichen Familienmitglieds dürfen Frauen nicht verreisen. In London steht der 16-Jährigen ihr Vater zur Seite.
Rogge: „Ein Meilenstein“
Die Menschenrechtler von Human Rights Watch hatten „wegen Geschlechterdiskriminierung“ den Olympiaausschluss Saudi-Arabiens gefordert. „Dass Frauen und Mädchen nicht für die Wettkämpfe trainieren können, verletzt eindeutig das Gleichberechtigungsgebot der olympischen Charta und verpasst der olympischen Bewegung selbst ein blaues Auge“, hieß es. Nun sind die saudischen Frauen bei Olympia dabei - und IOC-Präsident Jacques Rogge sieht einen „Meilenstein“ auch für die Entwicklung des Frauensports in der arabischen Welt.
Tagelang hatte es ein Gezerre um den Auftritt Schaherkanis gegeben. Der Internationale Judoverband (IJF) lehnte ein Kopftuch aber zunächst kategorisch ab. Es entspreche nicht den Regeln, sagte Präsident Marius Vizer. Doch am Ende einigte man sich auf eine speziell konzipierte Kopfbedeckung, die eher einer Haube glich.
Schaherkani hofft auf Nachfolgerinnen
Sichtlich beeindruckt von der Medienmeute stand die Teenagerin nach ihrem kurzen Auftritt dann in den Katakomben der ExCeL-Arena. Kein Olympiasieger hatte so viele Journalisten in die Judohalle gelockt wie die Athletin aus Saudi-Arabien. „Ich war aufgeregt und sehr stolz, mein Land hier zu präsentieren“, sagte die Judoka noch. „Judo machen viele in meiner Familie, mein Vater ist hier Kampfrichter.“
Damit war die historische Premiere auch fast schon vorbei. Schaherkani wurde vom saudischen Offiziellen, Hani Kamal Najm, in die abgeschiedenen Hinterräume geführt. Vorher konnte sie aber doch noch eine Botschaft abgeben - und da war sie plötzlich gar nicht mehr scheu: „Hoffentlich ist es der Beginn einer neuen Ära, hoffentlich werden andere Frauen mir nachfolgen.“
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Publiziert am 04.08.2012