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Coke ja, Pepsi nein

Die olympischen Ringe dürfen niemandem Wurst sein. Und auch nicht Brezel. Die offiziellen Olympiasponsoren zahlen viel Geld - und verteidigen ihre Rechte bis zum Äußersten. Dabei geht es nicht nur darum, dass an den Spielstätten nur Heineken-Bier und McDonald’s-Pommes verkauft werden dürfen - auch kleine Fleischhauer und Bäcker bekommen die strengen Richtlinien zu spüren.

Dass den Slogan „London 2012“ und die fünf farbigen olympischen Ringe nur autorisierte Nutzer für ihre Kampagnen verwenden dürfen, versteht sich da von selbst. „Wir müssen die Rechte der Sponsoren schützen, denn sie zahlen für einen großen Teil der Spiele“, sagte Organisationschef Sebastian Coe und trat mit einer unglücklichen Äußerung prompt ins Fettnäpfchen. Zuschauer würden „mit einem Pepsi-Cola-T-Shirt wahrscheinlich nicht ins Stadion gelassen, weil Coca-Cola einer unserer Sponsoren ist“, so Coe.

Selbst IOC-Präsident Jacques Rogge sah sich gezwungen, das missverständliche Statement des Organisationschefs zu relativieren. „Man muss vernünftig rangehen. Einzelfälle werden natürlich nicht von der Polizei verfolgt, aber bei offensichtlichen Versuchen des Ambush-Marketings von einer Firma oder einer größeren Gruppe werden wir einschreiten“, sagte der Belgier.

Omas Puppenpullover flog raus

Die strengen Regeln ärgern viele Briten, die ihre Olympiabegeisterung mit eher harmlosen Aktionen ausdrücken wollten. Los ging es mit einem Fleischhauer in der Grafschaft Dorset. Der hatte Wurstringe in sein Schaufenster gehängt - und damit die Regeln gebrochen.

Bei einem Festival der britischen Zuckerbäcker-Zunft sollten Kuchen mit Olympialogos aus Marzipan gezeigt werden. Aus Angst, die Olympiamacher würden sauer, ließ man es lieber bleiben. Mehrere Medien berichteten von einer 81-jährigen Großmutter, die für einen Wohltätigkeitsbasar einen Pullover für eine Puppe gestrickt und mit „GB 2012“ und den Ringen bestickt hatte. Er sollte für ein Pfund verkauft werden - verboten. Rund 300 eigens abgestellte Markendetektive sind seit Tagen rund um die Spielstätten in London und an anderen Orten unterwegs. Sie schlugen sofort zu: Ein Cafe in Süd-London hatte laut eines Berichts der „Daily Mail“ fünf große Bagel ins Schaufenster gehängt, in Form der Olympiaringe - auch das wurde verboten.

Selbst die Familie von Herzogin Kate ist nicht gefeit. Der Partyartikel-Internetshop der Middletons musste auf seiner Seite einige Darstellungen ändern. Sie verkaufen unter anderem ein Wurfspiel in den Farben der Olympiaringe. Ein Restaurant in Plymouth hatte auf seiner Speisekarte in Anspielung auf das olympische Feuer ein „Flaming Torch Baguette“ stehen. Ungenießbar. Im Ernstfall drohen bis zu 20.000 Pfund (25.300 Euro) Strafe.

Wer das Geld hat, bestimmt die Regeln

Die Verantwortlichen stecken in der Zwickmühle. Denn während sogar Olympia-Staatssekretär Hugh Robertson zugibt, dass die Maßnahmen „angemessen“ bleiben müssten und kleine Läden nicht bestraft werden sollten, brauchen die Spiele die Sponsoren. „Ohne die Unterstützung würde es für die Steuerzahler sehr viel teurer“, sagte Olympia-Minister Jeremy Hunt. „Ohne Sponsoren gebe es keine Spiele“, so Rogge.

Sponsoren haben über die Jahrzehnte immer mehr Macht über die Olympischen Spiele gewonnen. Die Zeitung „Guardian“ hat errechnet, dass in diesem Jahr 1,4 Milliarden Pfund (rund 1,8 Mrd. Euro) aus den Kassen von 53 Unternehmen an das Internationale Olympische Komitee (IOC) fließen. Das bedeutet mehr als die Hälfte der laufenden Kosten für die Spiele. Die elf größten Sponsoren zahlen knapp 100 Millionen Euro in den Olympiatopf ein.

Visa-LogoAPA/EPA/Andy RainDie Großkunden geben den Kurs vor

Setzen Fans auf die richtige Karte?

Das IOC und die örtlichen Organisatoren nehmen dafür viel in Kauf - und bürden Teilnehmern und Zuschauern die eine oder andere Last auf. Im Olympiapark wird nur die Kreditkarte von Visa akzeptiert - neben weltweit agierenden Unternehmen wie Coca-Cola und dem Haushaltswarenkonzern Procter&Gamble („Gilette“, „Pampers“) einer von elf Hauptsponsoren. Der Chemiekonzern Dow Chemical wirbt auf der Außenhaut des Olympiastadions - dafür riskierte das IOC sogar einen Boykott des indischen Teams. Dow wird für noch immer fehlende Kompensationen für das Chemieunglück in Bhopal verantwortlich gemacht.

Zu den sieben „Tier One“-Sponsoren der örtlichen Organisatoren gehören auch adidas und BMW. Sie zahlen nach „Guardian“-Berechnungen jeweils 40 Millionen Pfund. Insgesamt will sich adidas die Spiele sogar das Doppelte kosten lassen. Für die Deutschen soll Olympia das Sprungbrett zur Marktführerschaft in Großbritannien werden. „Spätestens 2015 wollen wir es geschafft haben“, sagte Vorstandschef Herbert Hainer. Kein Wunder, dass den Kindern, die bei einer Athletenparade am Rande stehen sollen, laut Sender BBC Folgendes geraten wird: Tragt entweder bequeme Schuhe ohne Markennamen oder adidas.

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Publiziert am 27.07.2012