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Britische Klassiker flott serviert
Die Eröffnungszeremonie war eine Hommage an Großbritannien und begann am Freitag vor 62.000 Zuschauer pünktlich um 22.00 Uhr MESZ. Eröffnungsfeiern stehen seit Jahren für große Inszenierungen und Bilder, die lange im kollektiven Gedächtnis bleiben. Nach dem Spektakel der Superlative vor vier Jahren in Peking hatte auch London 2012 unter dem Motto „Insel der Wunder“ Wow-Momente zu bieten.
Österreich als Teil der Supershow
Schon bevor die Sportler aus 204 Nationen ins Stadion einmarschierten und das olympische Feuer nach einem 70-tägigen Fackellauf durch ganz Großbritannien die Arena erreichte, wurden die Zuschauer von dem für 27 Millionen Pfund (34,5 Mio. Euro) von Oscar-Regisseur Danny Boyle (u. a. „Trainspotting“, „Slumdog Millionaire“) inszenierten Programm mitgerissen, das von Rad-Hero Bradley Wiggins eröffnet wurde.
Der britische Tour-de-France-Sieger gab im Gelben Trikot mit einem Glockenschlag das seit Jahren ersehnte Startsignal. Als 13. Nation marschierte schließlich die österreichische Abordnung mit 36 Sportlern, angeführt von Schwimmer Markus Rogan, um 23.28 Uhr MESZ ins Stadion ein. „Ich war noch nie so stolz, Österreicher zu sein“, erklärte er. „Es war noch viel schöner als erwartet.“

„Insel der Wunder“
Die Zuschauer, die Höchstpreise von über 2.000 Euro für Eintrittskarten bezahlten, bekamen eine ebenso ausdrucksstarke wie bildgewaltige „Nacherzählung“ jener britischen Errungenschaften zu sehen, für die Großbritannien weltweit bekannt ist. Motto war: „Isles of Wonder“ - die Insel der Wunder.
Zu Beginn zum Aufwärmen für das eigentliche Spektakel mit einer Art Gartenshow und als erstem Hauptelement dem optisch wuchtig und mit viel Flammenelementen dargestellten „Industriellen Wandel Großbritanniens“ - nachempfunden dem Buch Pandemonium des englischen Schriftstellers John Milton.

Publikum jubelt Queen zu
Einen ersten Höhepunkt erreichte die Begeisterung als zwei weitere britische Ikonen auf der Bildfläche erschienen. Queen Elizabeth II. hatte zum ersten Mal in ihrer mehr als 60 Jahre dauernden Amtszeit eine Filmrolle übernommen: eine Action-Szene an der Seite „ihres“ Geheimagenten. James Bond-Darsteller Daniel Craig holte die 86-jährige Monarchin, die sich selbst spielt, im Buckingham Palace mit dem Hubschrauber im Union-Jack-Design ab. Der Film war bereits vor einigen Monaten abgedreht worden.
In der Filmszene besteigt Craig den Hubschrauber, fliegt über die City von London und springt schließlich mit einem Fallschirm im Union-Jack-Design über dem Olympiastadion ab - mit einem Queen-Double an seiner Seite. Im selben Moment betrat die echte Königin an der Seite ihres Ehemannes Prinz Philip die Ehrentribüne des Stadions, begrüßt von IOC-Präsident Jacques Rogge.

Kinderchor rührt Königin
Anschließend wurde die britische Nationalhymne von einem Chor gehör- und sehbehinderten Kindern in Schlafanzügen angestimmt. Die Queen schien ob dieser rührigen Darstellung emotional berührt. Danach wurden britische Literaten - vor allem jene, die fantasievolle Kindergeschichten verfassten - mit einer „Gute-Nacht-Geschichte“ gewürdigt. Es folgte eine flotte Party mit einem Musikquerschnitt britischer Hits und dargebracht mit Witz.
So spielte der als „Mr. Bean“ bekannte Schauspieler Rowan Atkinson mit einem Finger auf einer Heimorgel und fotografierte sich dabei selbst mit einem Smartphone. Die Moderne bekam viel Platz eingeräumt, so trat auch Tim Berners Lee, Begründer des World Wide Web, auf. Fußballer David Beckham, der nicht für das „Team GB“ berücksichtigt worden war, brachte das olympische Feuer mit einem Motorboot über die Themse.
Dazwischen und danach wurde gerockt, gerapt und getanzt und auch nicht auf körperlich gehandicapte Menschen vergessen. So strebte die Inszenierung in fröhlicher Stimmung mit dem Einmarsch der Nationen kurz vor Mitternacht mitteleuropäischer Zeit unaufhaltsam seinem Höhepunkt - der Entzündung des olympischen Feuers zu.

„Welcome to London“
In 90 Minuten marschierten 204 Nationen mit ihren Sportlern ein. Darunter Superstars wie Jamaikas Sprint-Ass Usain Bolt und Russlands Tenniskönigin Maria Scharapowa. Als Schlusspunkt das „Team GB“ in weiß-goldenen Outfits und kurzen Hosen. Nach einem musikalischen Intermezzo der „Arctic Monkeys“ hielten Organisationschef Sebastien Coe und IOC-Präsident Jacques Rogge ihre Eröffnungsreden.
Der ehemalige Weltklasseläufer Coe begrüßte dabei alle Teilnehmer und Zuschauer mit den Worten „Welcome to London. Ich war niemals zuvor so stolz, Brite zu sein“, versicherte er. „In den nächsten zwei Wochen werden wir alles zeigen, was London zu einer der großartigsten Städte der Welt gemacht hat.“ Rogge erinnerte an die Rolle Großbritanniens in der modernen Sportwelt. „Die Olympischen Spiele kehren nach Hause zurück“, meinte er, dankte den vielen Freiwilligen, die diese Spiele erst möglich machten und warnte vor Doping.
Viele Feuer ergeben eine Flamme
Um 1.18 Uhr war es dann soweit: Königin Elizabeth sprach die knappe Eröffnungsformel: „Ich erkläre die Spiele von London, die die 30. Olympiade der modernen Ära feiern, für eröffnet.“ 16 Jahre nach seinem Entfachen der Flamme in Atlanta war auch Muhammad Ali Teil der Zeremonie. Zusammen mit acht weiteren Persönlichkeiten hielt der „Größte“ die olympische Flagge.
Ruder-Legende Steve Redgrave brachte schließlich die Flamme ins Stadion und 18 Minuten nach der Eröffnungsformel entzündeten sieben britische Nachwuchssportler auf imposante Weise das olympische Feuer. Sie entzündeten gleichzeitig mehrere kleine Feuerschalen. Die Flammen griffen auf weitere Schalen, die auf langen Stangen montiert waren, über. Die Stangen wurden dann zu einer großen Flamme zusammengeführt.

Im Schein des Feuers und des obligatorischen Feuerwerks hatte auch noch Musiklegende Paul McCartney seinen Auftritt am Klavier und verabschiedete die Zuschauer nicht ganz im Einklang mit dem Playback mit dem Klassiker „Hey Jude“.
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Publiziert am 28.07.2012